Die Philosophie muss ihre Eigenarten bewahren. Es wird zwar gefordert, dass die Philosophie vor allem eine Wissenschaft sein soll, was sich aber geradewegs als unmöglich erweist. Die Wissenschaft ist ein Gemeinschaftsprojekt und wird durch neue empirische Beweise immer wieder korrigiert, die Philosophie hingegen steht für sich selbst, für die Kraft des Geistes und des Individuums und zeichnet sich vor allem durch die Denk- und Lernfähigkeit aus. Denken und Geist sind in der Philosophie begründet, während die Wissenschaft zutreffend ist, sofern sie sich auf die technische Ausgestaltung unserer Lebensumgebung bezieht.

Die vordringliche Aufgabe der Philosophie ist, eine wie auch immer geartete substanzielle Einheit der Welt zu gewährleisten. Und doch setzt die Einheit auch Vielfalt voraus.

Denken befinden sich stets im Fluss, es steht niemals still. Wenn man A sagt, muss man folglich auch B sagen und so fort. Auf diese Weise entsteht ein gedankliches Gebäude, das Bestand hat, indem Folgerungen richtig gezogen werden und eine substanzielle Einheit gebildet wird.

Über die Existenz der Dinge lässt sich nicht streiten, über deren folgenrichtige Zusammensetzung aber sehr wohl und darin besteht der besondere Reiz der Philosophie: Ob und inwieweit die Logik Schlüsse mit Wirkung auf unser eigenes Dasein, aber auch auf unsere fass- und unfassbare Mitwelt sowie die heute fast gänzlich übergangene Gottesperson zulassen. Somit hat die Philosophie ihre Aussagekraft keinesfalls verloren, obwohl sie als Medium zugunsten der mittlerweile unüberschaubaren Zahl an Wissenschaften und der beliebig reproduzierbaren Ästhetik zurückgedrängt wurde.

Was die Philosophie auszeichnet, ist die beharrliche Beschäftigung mit dem Detail. Je Detail versessener das Denken ist, umso gründlicher und tiefsinniger ist es. Richtigkeit des Denkens muss nach dessen Gründlichkeit und Tiefsinnigkeit gemessen werden. Das Denken kann nicht grundsätzlich falsch sein, vielmehr ist es viel zu oft oberflächlich, seicht und inkonsequent.

Das Denken lässt sich nicht festmachen, es befindet sich stets im Fluss und schließt und öffnet gleichermaßen alte und neue Fragen. Es festmachen zu versuchen, verfehlt völlig die Bemühung nach dessen Richtigkeit. Denken an sich kann nicht falsch sein, vielmehr kann es wegen mangelnder Gründlichkeit fehlerhaft sein. Denkfehler kommen zum Vorschein erst durch die Inkonsequenz. Mangelnder Tiefsinn macht in der Philosophie mehr Not als falsches Denken an sich.

In dem Spannungsfeld von Einheit und Vielfalt tendiert die Philosophie dazu, mehrdeutig zu sein. Es wäre nämlich ein Jammer, wenn man nur eine einzige Auslegung der Philosophie kennen und sich ausschließlich nach dieser richten würde, denn das würde eine Manipulation des Menschen sondergleichen bedeuten. Und doch, je oberflächlicher das Verständnis der fass- und unfassbaren Mitwelt ist, umso mehr wird dazu tendiert, wenigstens das Handeln zu manipulieren. Eindeutigkeit ist immer ein Werkzeug der Manipulation, wenn man einmal von der Technik absieht. In Anbetracht dessen ist also die eigentliche Herausforderung der Philosophie nicht, die Profilierung des richtigen Denkens zu betreiben. Vielmehr kristallisiert sich das richtige Denken erst in der Tiefsinnigkeit und Gründlichkeit.